Ich habe die Diagnose Lipödem, was nun?
Keine Angst, auch wenn du viele ganz schlimme Bilder im Internet findest, die Welt geht nicht unter. Natürlich gibt es Schöneres, aber es gibt auch sehr viel Schlimmeres auf der Welt.
Zum Anfang brauchst du mal einen richtig guten Facharzt, der dir die nötigen Behandlungen verordnet.
Fachärzte findest du hier: Ärzteliste - Übersicht AT, CH, DE
Dein Arzt wird dir vermutlich die sogenannte Intensiventstauung verordnen, hierbei wirst du mit Hilfe der manuellen Lymphdrainage (MLD) behandelt und erhältst anschließend eine Kompressionsbandagierung, am besten bis zur Hüfte.
Diese Bandagierung soll helfen, die bereits eingelagerte Lymphflüssigkeit möglichst rasch aus dem Körper zu transportieren und das Einlagern von neuer Flüssigkeit verhindern.
Mit dieser Bandagierung siehst du aus wie ein Michelinmännchen, darfst damit kein Auto fahren, aber solltest dich damit so viel wie möglich zu Fuß bewegen, damit der Lymphfluss aktiviert wird.
Wickelsets für Arme und Beine findest du hier: Lymphsets
Nach der Intensiventstauung bekommst du Kompressionsbestrumpfung und die sollte nach Möglichkeit einfach zu handhaben sein, damit du möglichst viel Komfort hast, die z.B. "leicht" anziehen kannst, aber trotzdem genügend Kompression bietet. Dafür bekommst du ein Rezept von deinem behandelnden Arzt, im Idealfall stellt er dir dieses Rezept gleichzeitig mit dem Rezept für die MLD aus, denn es dauert eine Weile, bis deine Strümpfe tatsächlich auch geliefert sind.
Bei einem ÖDEM sollte man IMMER mit Flachstrick bestrumpfen, auch wenn der wärmer und weniger "hübsch" ist, aber nur diese Art der Bestrumpfung macht es möglich, dass die Lymphflüssigkeit deinen Körper verlässt und du damit auch weiterhin entstaut bist und noch mehr an Umfang reduzieren kannst.
Anziehanleitungen für die Kompressionen findest du hier: Kompressionstherapie - Bestrumpfung
Mein Standardsatz zur Art der Bestrumpfung ist: "Die Farbe darf sich der Patient aussuchen, den Rest entscheidet der Arzt in Verbindung mit dem Sanitätshaus. Klingt böse, ist aber so. Du weißt nicht wie das Material arbeitet und was du brauchst.
Suche dir möglichst rasch ein Sanitätshaus (SH) in deiner Umgebung, rufe dort am besten an und vereinbare einen Beratungstermin für dich. Nur dann ist sichergestellt, dass die entsprechende Fachberaterin (meist sind es Frauen) auch Zeit für dich hat. Nimm dein Rezept mit und lass dir die Handmuster der angebotenen Firmen zeigen.
Bei allen Herstellern gibt es verschiedene Qualitäten, unterschiedliche Farben zum Teil auch Muster.
Ein gutes Sanitätshaus erkennst du z.B. daran, dass ein Zustandserhebungsbogen ausgefüllt wird und eine Fotodokumentation deiner Beine hinterlegt wird.
Hierzu ist es nötig, dass die Fachfrau dir ganz viele Fragen zu deinem kompletten Gesundheitszustand stellt. Sie ist nicht neugierig, sie muss diese Dinge einfach wissen. Zu diesem Zeitpunkt solltest du zum ersten Mal vermessen werden.
Diese ersten Maße benötigt sie, um einen Kostenvoranschlag (KV) beim Hersteller der Strümpfe anzufordern und diesen KV an deine Krankenkasse (KK) zu schicken.
Damit ist der erste Schritt für deine Bestrumpfung getan.
Innerhalb von spätestens 2 Wochen solltest du einen Anruf von dem SH bekommen, in dem sie dir mitteilen, dass die Genehmigung der KK da ist. Anschließend solltet ihr einen Termin finden, bei dem du zum 2. Mal vermessen wirst.
Dieser Termin sollte unbedingt direkt nach der MLD stattfinden.
Perfekt wäre es, wenn die Fachfrau zum Therapeuten kommt, ansonsten musst du dorthin. Bei diesem 2. Messen geht es um die tatsächlichen Maße, die deine Kompression erhalten wird.
Bitte erschrecke dich nicht, der Zug den die Fachfrau nimmt, wirkt nicht auf die einzelne Stelle an deinem Bein, sondern verteilt sich auf das gesamt Bein, so dass es ganz wichtig und richtig ist, dass die Fachfrau möglichst fest zuzieht.
Du willst doch an Umfang verlieren, oder?
Solange du die Bestrumpfung noch nicht hast, solltest du dich nach der MLD weiter wickeln lassen, damit die Umfangsreduzierung mindestens so bleibt, wenn nicht sogar noch weiter voran geht.
Du solltest dein Leben nach Möglichkeit so einrichten, dass du dich jeden Tag auch noch 30 Minuten sportlich betätigst, also z.B. Aquagymnastik, Zumba oder Nordic Walking betreibst, das wäre auch für die Arthrose in deinen Knien ganz wichtig. Empfehlenswert ist außerdem eine Ernährungsumstellung, bei der du die Kohlehydrate am Abend weglässt, also kein Brot und Reis, keine Kartoffeln und Nudeln isst.
Auf gar keinen Fall solltest du unter 1500kcal am Tag zu dir nehmen, denn unser Körper ist leider so programmiert, dass er sofort in den Mangelmodus schaltet, wenn ihr ihn nicht ausreichend versorgen und dann erst recht alles in Fett umwandelt was er in den Magen bekommt. Ich persönlich mag das Schlank-im-Schlaf-Konzept, weil das eine Ernährungsumstellung ist, die gesundes Abnehmen beinhaltet, also max. 2kg im Monat, mehr ist nämlich nicht gesund sondern eine Diät.
Des weiteren solltest du darauf achten, dass du negativen Stress aus deinem Leben verbannst, denn auch der hat Einfluss auf den Verlauf der Erkrankung.
Außerdem wirken sich einige Medikamente ebenfalls negativ aus, z.B. Ibuprofen, Diclofenac, Hormone wie Pille oder Spirale, Anti-Depressiva usw.
Zusätzlich sollten Stoffwechselerkrankungen ausgeschlossen oder entsprechend behandelt werden.
Viele von uns leiden unter Schilddrüsenerkrankungen, Insulin-Resistenz, Progesteron Mangel etc. dies alles sollte man von einem Endokrinologen überprüfen lassen.
Es kommen noch ein paar andere Störungen hinzu, wie z.B. chronische Verstopfung, Muskelkrämpfe, da kann man ganz leicht mit Magnesium (bitte nur aus der Apotheke und auch apothekenpflichtig, nichts freiverkäufliches).
Unterstützend kann z.B. auch mit Schüsslersalzen oder Lymphaden, Lymphdiaral, Lymphomyosot gearbeitet werden, wenn du das mit deinem Arzt besprichst.
Was du auf jeden Fall Zuhause haben solltest sind Arnikakügelchen D6, profelan Creme (Arnika) wegen der blauen Flecken, die wir uns schnell holen und der evtl. auftretenden Beschwerden in den Gelenken (wirkt super gegen Prellungen, Stauchungen, Entzündungen) und auf jeden Fall Octenisept Hautdesinfektionsmittel, da wir schon kleinste Bagatellverletzungen unbedingt desinfizieren sollten, damit keine Bakterien eindringen können, denn Menschen mit Lympherkrankungen können leider ganz schnell eine sog. Wundrose (Erysipel) bekommen und das wäre gar nicht schön.
Als Hautpflege empfehle ich gerne die balea Produkte mit Urea vom dm. Sie kosten nicht viel sind aber wirklich super.
Bitte kontrolliere alle Körperpflegeprodukte auf den Inhaltsstoff Paraffinum Liquidum und werfe die weg.
Dieser Inhaltsstoff ist flüssiges Wachs aus Erdöl und ruiniert dir sowohl deine Haut, als auch deine Bestrumpfung, denn er lässt sich auch in der Waschmaschine nicht mehr rauswaschen und macht die Elasthanfasern kaputt.
Die Kompressionsbestrumpfung sollte immer in der Waschmaschine, auf links gedreht, im Wäschenetz, bei 40°C für mindestens 1h gewaschen werden. Nur Handwäsche reicht leider nicht aus. Mindestens nach jeder 3. Handwäsche MUSS die Bestrumpfung in die Waschmaschine, da sich ansonsten zum einen zu viele Seifenreste in der Bestrumpfung befinden, die dann wieder zu Hautirritationen führen können. Außerdem müssen die Hautschuppen, Hautfett und Schweiß gründlich rausgewaschen werden, damit die Kompression sich wieder zurückziehen kann.
Bestrumpfungen von medi dürfen problemlos in den Wäschetrockner wandern.
Als Waschmittel für die Waschmaschine empfehle ich gerne ein sensitiv Waschmittel (parfumfrei, ohne Weichspüler etc.) von dm oder auch aus dem Discounter, in ihnen ist nichts enthalten, was die Bestrumpfung beschädigen könnte. In Feinwaschmitteln sind meist Faserpfleger enthalten, die wie Weichspüler wirken und damit schädlich für die Fasern sind.
Solltest du, was immer mal wieder gerne vorkommt, auf Ärzte treffen, die sich mit dieser Erkrankung gar nicht auskennen, dann gibt es einen Arztbrief, den du dir gerne ausdrucken und mitnehmen kannst, dann sparst du dir viel Luft und Ärger aber informierst sie. Den Arztbrief findest du hier.
Eine Intensiventstauung kann man auch stationär durchführen, sowohl am Anfang als auch regelmäßig alle 4 Jahre. Die Anträge gibt es bei deiner Krankenkasse (wenn du nicht berufstätig bist) oder bei der DRV (wenn du berufstätig bist).
Laut SGB V hast du ein sogenanntes Wunsch- und Wahlrecht und kannst dir deine Klinik für die Reha selbst aussuchen und diese im Antrag mitangeben. Reha und Akutkliniken findest du hier.
Ich hoffe, ich konnte dir ein bisschen weiterhelfen und dir die Unsicherheit nehmen, auch wenn das natürlich extrem viele Infos sind.